Am Tag der Deutschen Einheit haben wir uns aufgemacht und sind bei schönem Wetter in die Innenstadt Berlins gefahren. Unser Ziel: Anklamer Straße. Dort konnten wir gut unseren roten Käfer abstellen, dachten wir. Aber da meine Frau Margard nicht so sehr gerne läuft, sind wir um die Ecke gebogen, die ehemalige Egon – Schulz – Straße hoch gefahren, sehr nahe an die ehemalige Grenze mitten in Berlin. Dort war auch noch eine Lücke. Und feiertags keine Parkgebühren. Die Glocken läuteten schon. Jetzt draußen auf dem Roggenfeld die Glockentürme mit drei GLocken. Aus der gesprengten Versöhnungskirche? Das wissen wir nicht. Andere Teile wie Altar, Stuckelemente sind aufgehoben und aus- bzw. wieder aufgestellt in der neuen Versöhnungskapelle aus Holz. Alles ein paar Schritte abwärts. Die Strelitzer (Schulz) – Straße links abbiegen, die Bernauer entlang, weil da Sonne ist gegen 11.00 Uhr am 3.Oktober 2020. Dreißig Jahre Wiedervereinigung. Gefeiert in unserem Kietz (von 1969 bis 1975) ohne dreifache Mauer, nur noch die Grundrisse aus Stahl, gegossen in die Wiese hinein, des Regimes, des GRENZREGIMES, sichtbar. An den Stirnwänden Richtung Süden: z.B.Ackerstraße, die dramatischen Szenen der Flucht. Auf der Westseite die Bernauer Fassaden WEST. Nie gesprengt. Wie die Versöhnungskirche, wie die andere Seite der Straße: OST. ALso draußen CORONA. Ein farbiger Prediger aus Neukölln mit seiner Band. Mir genügt das Offene HOLZZELT mit dem Altar der neogotischen Versöhnungskirche, hergegeben 1975 in einem DEAL die Evangelische Kirche in Berlin für ein Grundstück in dem Stadtteil, in dem unsere ersten beiden Kinder geboren wurden: Kaulsdorf, damals Ortsteil Berlins, Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik. Dort steht jetzt seit über 5o Jahren eine ähnliche Kirche aus ähnlichem Material wie die NEUE VERSÖHNUNGKIRCHE AUF DEM EHEMALIGEN GRENZSTREIFEN ZWISCHEN BERLIN-OST UND BERLIN-WEST. Nach dem Fall der Mauer errichtet. Ich sitze in dieser Kapelle und bin froh, daß die Kirchen ihre Türen aufmachen. Jetzt müssen sie es, endlich, weil es draußen noch gesünder ist, zu singen. Draußen wird gebetet, gesungen. Der Prediger ist noch nicht am Ziel, ich aber gehe die Stufen hinunter Richtung Süden. Da ist ein Friedhof mit einem Kreuz, gestiftet von Friedrich Wilhelm IV. Wunderbar als Vordergrund, wenn du rückwärtsgewandt den Holzrundbau in‘ s Bild bekommen willst, ein wenig verstellt mit Containern und ihren Aufschriften: ANTIFA. –
Wo sind sie geblieben? Wo war das Grab: MEINER LIEBEN DICKEN in den 70er Jahren. Wir suchen den Ausgang Gartenstraße und wissen: Ah, gegenüber! Dort die Fluchttunnel, dort die Gräber, die wir kannten.
Unsere Nachbarn, die uns zum Fernsehen eingeladen hatten.
Die Kinder schliefen.
Jetzt sind sie offen die Querstraßen zwischen der Invalidenstraße und der Bernauer.
Du siehst nicht mehr den Turm der Versöhnungskirche, die zum Politikum geworden ist. Was ist nicht dazu geworden? Vielleicht das Schicksal der Berliner? Du kannst ihn nicht mehr sehen. Es gibt keinen. Nur ein Kreuz an der runden Holzwand ist erkennbar auf meinen Fotos, die ich geschossen habe von diesem Tag.
Längst waren wir in dem gesegneten Land Thüringen, es war nicht gespalten, jedenfalls nicht in einen amerikanischen und sowjetischen Sektor, nicht in Länder mit französischer Rechtstradition oder englischer, im Unterschied zur sowjetischen?! Längst waren wir dort? Ja, 10 Jahre, nachdem wir gegangen waren, fiel er über Nacht. Immer hatten wir ihn gesehen durch den Hinterhof hinüber zur Mauer. Alles still, wenn nicht geschossen wurde. Autos gab es nicht.
DANKE, GOTT, habe ich in das Gästebuch geschrieben. Das genügte mir.